Kiezputz mit Geschichten

Am World Cleanup Day sammelte eine Handvoll Leute in den Straßen des Flughafenkiezes Müll auf und erfuhr nebenbei etwas aus der Geschichte Neuköllns.

Quelle: Jens Sethmann

Am 18. September ging es um 17 Uhr am Boddinplatz los. Ausgestattet mit Greifzangen, Mülltüten und Handschuhen schwärmten die Mitwirkenden aus, um erst einmal den Platz zu säubern und einzusammeln, was auf den Wegen, unter den Bänken, auf dem Rasen und am Straßenrand liegen geblieben ist. Dann ging es weiter die Boddinstraße hinunter, in die Isar- und Neckarstraße und schließlich über die Flughafenstraße und die Reuterstraße zurück zum Boddinplatz.

Zur Auflockerung hat Dirk Kuring vom Freilandlabor Britz e.V. etwas aus der Geschichte des Flughafenkiezes erzählt. Er ist direkt am Boddinplatz aufgewachsen und berichtete unter anderem davon, dass es in den 70er Jahren noch viele kleine Läden und an jeder Straßenkreuzung vier Kneipen gab. Bei startenden und landenden Flugzeugen verstand man hier sein eigenes Wort nicht. In der Neckarstraße konnte man aus der Kindl-Brauerei das Scheppern von Bierkästen hören. Und beim alljährlichen Rollberg-Radrennen haben die Kinder am liebsten an den abschüssigen Kurven zugeschaut, wo sie hofften, spektakuläre Stürze beobachten zu können.

Von Kronkorken bis Herrenhose

Nach eineinhalb Stunden kamen drei gut gefüllte Müllsäcke zusammen. Neben Unmengen von Kronkorken, Kaffeebechern, Plastikflaschen, Bonbonpapieren, Autokauf-Werbekärtchen, Zigarettenschachteln, Einwegmasken und Tüten aller Art fanden sich auch außergewöhnlichere Hinterlassenschaften wie eine herrenlose Herrenhose. Sperrmüll und Bauschutt konnte an diesem Tag nicht mitgenommen werden.

Die Leute auf der Straße reagierten auf den freiwilligen Aufräumtrupp durchweg wohlwollend. „Respekt!“ rief ein Mann von seinem Balkon. „Sind Sie von der BSR?“ fragten mehrere Passanten. Die Jugendlichen von der Kindl-Treppe wollten wissen, ob man dafür Geld kriege. „Man bekommt dabei eigentlich immer positive Reaktionen“, berichtet Dirk Kuring. Wenn es die Leute dazu bringt, keinen Müll mehr auf die Straße zu werfen oder gar selbst mal Abfall aufzuheben, hat die Aktion schon ihren Zweck erfüllt.

Kids räumen den Boddinspielplatz auf

Vor dem Aufräum-Spaziergang haben schon die Kinder und Jugendlichen vom Blueberry Inn auf dem Boddinspielplatz Müll aufgesammelt. In Zukunft wollen sie das regelmäßig tun. Das Freilandlabor Britz hat dem Blueberry deshalb einen Satz Greifzangen überlassen.

Das Freiraumlabor Britz hat die Aktion im Rahmen des vom Quartiersmanagement Flughafenstraße geförderten Projekts „Quartiersbezogene Umweltbildung für Jung und Alt“ durchgeführt. Der World Cleanup Day (deutsch: „Weltaufräumtag“) ist die weltweit größte Bürgerbewegung gegen die Umweltverschmutzung. Seit 2018 gehen am dritten September-Wochenende Menschen raus und sammeln in ihrem Wohngebiet, in Parks und Wäldern Müll auf. So sorgen sie nicht nur für eine saubere Umgebung, sondern auch dafür, dass weniger Plastikmüll in die Flüsse und Meere geschwemmt wird.