Kunst hinter der Scheibe

Mit einer neuen Schaufenster-Ausstellungsreihe trotzt der Kunstverein Neukölln dem Lockdown

Quelle: Birgit Leiß

Quelle: Birgit Leiß

Eigentlich war für die Wintermonate eine große Ausstellung mit dem Thema „pink panic“ geplant. „Denn Farbe können wir alle gut gebrauchen in dieser Zeit“, erklärt Rebekka Liebmann vom Verein. Doch dann wurde Ende Oktober der Lockdown beschlossen. Für das Kunstprojekt aus der Mainzer Straße 42 hieß das: Veranstaltungen absagen, bereits gedruckte Flyer in die Tonne treten und wieder schließen. Dabei hatte es in den vergangenen Monaten sehr gut mit den Hygieneregeln funktioniert, wie Susann Kramer vom Vorstand berichtet. Maximal zwei Personen durften den Raum betreten. Es galt Maskenpflicht. Vieles habe sich nach draußen verlagert, erzählt Susann Kramer: „Bei Vernissagen haben wir mit Abstand vor dem Laden gestanden und uns mit den Gästen unterhalten.“ Kurz vor der Schließung habe man „wahnsinnige Besucherzahlen“ gehabt. Es war, als ob alle nochmal ihren Hunger auf Kunst und Kultur stillen wollten.

Nicht schon wieder eine virtuelle Ausstellung! 

Was tun also, wenn man – wie es das Anliegen des Vereins ist – Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit geben will, sich zu präsentieren? „Bei den Online-Formaten ist eine gewisse Ermüdung eingetreten, das wollten wir nicht“, erklärt Rebekka Liebmann. So entstand die Idee von Rauminstallationen, die durch das Schaufenster während der Öffnungszeiten zu sehen sind. Im zweiwöchigen Turnus wechselt die Ausstellung. Den Auftakt macht ab 13.November Irenes Antons Rauminstallation „pandemic nightmare“. Über einem einfachen Metallbett schweben an fast unsichtbaren Nylonfäden Viren aus Styropor. Irene Anton hatte sich in geradezu visionärer Voraussicht  bereits 2010 mit Pandemien und Naturkatastrophen beschäftigt. Die Installation zeigt die Schönheit der Viren, aber auch ihren Schrecken. 

Eine Einladung an Flaneure

Die vorerst unbefristete Ausstellungsreihe wurde innerhalb weniger Tage auf die Beine gestellt. „Wir haben alle möglichen Künstlerinnen und Künstler aus unserem Verteiler angeschrieben, die Resonanz war riesig, und das obwohl wir nicht viel bieten können, “ sagt  Kuratorin Rebekka Liebmann. Das zeige, dass die Kunstschaffenden ein enormes Bedürfnis haben, ihre Arbeit zu zeigen. Eine Ausstellung lebt eigentlich vom Austausch, von Vernissagen und Publikumsgesprächen. All dies ist derzeit nicht möglich. Nun ist man gespannt, ob das neue Format die Kulturhungrigen anspricht. Es sei, so sagen Susann Kramer und Rebekka Liebmann, eine Einladung an Besucher*innen, Bewohner*innen und zufällig vorbeikommende Flaneure.

Kunstverein Neukölln e.V.
Mainzer Str. 42
Tel.: 030 - 5682 1964
info@kunstverein-neukoelln.de
www.kunstverein-neukoelln.de

Öffnungszeiten:
Mittwoch - Sonntag 14:00 - 20:00 Uhr