Bloß nicht betütelt werden

Welche Bedürfnisse haben ältere Bewohner*innen? Und wie können sie besser ins Kiezleben eingebunden werden? Damit beschäftigt sich ein neues Projekt im Flughafenkiez.

Quelle: Birgit Leiß

„Eins ist mir schnell klar geworden, betütelt werden wollen sie nicht“, sagt Ulrich Droske vom Verein Sosta e.V., dem Träger des Projekts. Die „neuen Alten“ wollen nicht zum alten Eisen gehören, sie wollen aktiv sein. Zusammen mit seiner Kollegin Dorit Piechatzeck hat er zunächst die bereits bestehenden Angebote im Flughafenkiez unter die Lupe genommen. Ergebnis: allzu viel gibt es nicht. Allerdings ist der Anteil der über 65-Jährigen mit gerade einmal sieben Prozent oder 699 Menschen (Stand 31.12.2017) auch gering. Gleichzeitig ist die Altersarmut mit 21,3 Prozent fast um das Vierfache höher als im Berliner Durchschnitt. Im Quartiersrat ist daher 2018 die Idee zu einem Projekt entstanden, das gezielt die Situation der älteren Bewohner*innen verbessern will.

Kaffeeklatsch Nein danke

Ullrich Droske und Dorit Piechatzeck sind nun dabei herauszufinden, was sich die Generation 58+ wünscht. Die beiden haben sich unter anderem bei der Kaffeetafel des Beamtenwohnungsvereins vorgestellt. Unterstützt bei der inhaltlichen Projektgestaltung werden sie von aktiven Kiezbewohner*innen aus der Zielgruppe, mit denen sie sich regelmäßig treffen. „Die Interessen sind natürlich sehr unterschiedlich“, erklärt Dorit Piechatzeck. Jüngere, fittere innerhalb der Altersgruppe haben vielfach noch soziale Kontakte. Sie wollen vielleicht über Rentengerechtigkeit diskutieren oder sich in Sachen Neue Medien weiterbilden. Über einen „Kaffeeklatsch“ rümpfen sie die Nase. Wer dagegen schon 80 ist und vielleicht gesundheitliche Beeinträchtigungen hat, möchte eher bei Kaffee und Kuchen zusammensitzen, sich austauschen und neue Leute kennenlernen. „Manche gehen kaum noch aus dem Haus, Einsamkeit ist ein großes Thema“, sagt Dorit Piechatzeck. Zum einen weil oft die Mittel nicht vorhanden sind, um ins Kino oder zum Volkshochschul-Kurs zu gehen, zum anderen weil sie Angst haben. Das Thema Sicherheit spielt bei vielen eine große Rolle.

Kickern mit den Kids vom Blueberry?

Daher will man sich möglichst breit aufstellen und unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden. „Wir werden am Anfang viel ausprobieren, das ist ein Prozess“, betont Ulrich Droske. Nicht alles, was als Wunsch geäußert wurde, wird am Ende genügend Interessent*innen finden. Zudem will man kein Programm auf die Beine stellen, das „konsumiert“ wird. Die Senior*innen sollen selber aktiv werden. Bei einem ersten Vernetzungstreffen im September 2018 wurden bereits eine Menge Vorschläge gesammelt, vom Spieleabend über ein Sommerfest bis hin zu generationsübergreifenden Aktionen wie einem Kickerturnier im Blueberry Inn. Auch kulturübergreifende Angebote wie Tandem-Lesungen (deutsch-türkisch bzw. deutsch-arabisch) wurden angeregt. Drei Orte sollen dabei „bespielt“ werden: das Rize in der Boddinstraße 63, der Gemeinschaftsraum des Beamtenwohnungsvereins in der Boddinstraße/Ecke Mainzer Straße und die Räumlichkeiten von ZeitRaum gGmbH in der Karl-Marx-Straße 58, zu denen auch ein schöner Garten gehört.

Das Projekt „Älter werden im Flughafenkiez“ wird über das Programm Soziale Stadt finanziert und läuft bis mindestens Ende 2020.

Auftaktveranstaltung am 16. April von 16 Uhr bis 19 Uhr im ZeitRaum gGmbH, Karl-Marx-Straße 58. Beim Festival Offenes Neukölln am 24.-26.Mai soll gemeinsam ein internationales Gericht gekocht werden

Weitere Veranstaltungen werden rechtzeitig über Flyer bekannt gegeben. Infos gibt’s auch im Quartiersbüro.