Gesundheit im Kiez:

auch Armut und Diskriminierung machen krank

Quelle: Gesundheitskollektiv Berlin e.V.

Quelle: Gesundheitskollektiv Berlin e.V.

Quelle: Gesundheitskollektiv Berlin e.V.

Eine Stadtteilbefragung zum Thema Gesundheit lieferte erstaunliche Ergebnisse

Das Gesundheitskollektiv Berlin e.V. (GeKo)  wollte von der Bewohnerschaft im Flughafen –  und Rollbergkiez wissen, wie sie ihren Gesundheitszustand sowie die Versorgung im Kiez einschätzen. Sinn und Zweck war es, ein Basiswissen zu erhalten, um bedarfsgerechte Angebote in den Weg leiten zu können. Das GeKo ist nämlich dabei, ein stadtteilorientiertes Gesundheitszentrum auf dem Kindl-Gelände aufzubauen. Insgesamt beteiligten sich 347 Menschen an der im April 2019 durchgeführten Befragung. Die per Zufallsstichprobe ausgewählten Haushalte wurden zu Hause aufgesucht, konnten den Fragebogen aber auch per Post zurückschicken.

Bildung steigert das Wohlbefinden

 „Das ist ein guter Rücklauf, leider wurden nicht-deutschsprachige Haushalte mit einem niedrigen Bildungsgrad nicht so gut erreicht“, erklärt Franziska Paul vom GeKo.  Gut zwei Drittel der Befragten schätzen ihren Gesundheitszustand als gut ein. Fast ebenso viele haben ein gutes Wohlbefinden, das heißt, sie fühlten sich in der letzten Zeit häufig „ruhig und entspannt“ oder „frisch und ausgeruht“. Mit den Fragen zum subjektiven Wohlbefinden sollte die psychische Gesundheit ermittelt werden. Die ersten Ergebnisse zeigen: diese Faktoren hängen mit der sozio-ökonomischen Situation zusammen. Will heißen: je höher das Einkommen oder die Bildung, desto eher fühlt man sich gesund und wohl. Ebenso interessant: Personen, die an öffentlichen Aktivitäten im Stadtteil teilnehmen, berichten von einem besseren Wohlbefinden als andere.

Die Wohnsituation belastet viele

Die Stadtteilbefragung wollte auch herausfinden, inwieweit Gesundheit und Wohnbefinden durch soziale Faktoren beeinflusst werden. Viele äußerten ihre Angst um den Verlust der Wohnung. Auch Lärm, beengte Wohnverhältnisse und Diskriminierungserfahrungen  empfinden viele als belastend. Mit der Qualität der Gesundheitsversorgung im Kiez waren die Befragten überwiegend zufrieden. Bemängelt wurde vor allem ein Mangel an Fachärzten. Ein besserer Zugang zu psychotherapeutischer Versorgung sowie mehr präventive Angebote, beispielsweise Sportkurse oder Ernährungsberatung, fänden viele der Befragten wichtig.  

Nicht alles, was gewünscht wird, läuft gut  

In kleiner Runde wurde die Stadtteilbefragung bereits mit Vertreterinnen aus dem Bezirksamt, aus den beiden Quartiersmanagements sowie sozialen Einrichtungen diskutiert. Dabei war man sich einig, dass die vorhandenen Angebote oft zu wenig bekannt sind Eine Anlaufstelle im Kiez, wo Informationen zum Gesundheitsangebot zusammengeführt und zugänglich gemacht werden, hatten auch mehrere der Befragten vermisst. Ein weiteres Problem: viele Kurse sind befristet.  Es fällt schwer, den Überblick zu behalten, welches Angebot noch existiert. In beiden QM-Gebieten hat man zudem die Erfahrung gemacht, dass bestimmte Angebote zwar immer wieder gewünscht, dann jedoch nicht angenommen werden. Man müsse zunächst Vertrauen aufbauen, vieles läuft über die persönliche Ebene, meint Franziska Paul. Die Geko arbeitet weiter an der Auswertung der Befragung, dieses Jahr soll dann ein detaillierter Bericht erscheinen. „Unser Anliegen ist es, die gewonnenen Daten in den Kiez hereinzugeben“, sagt Franziska Paul. Derzeit wird überlegt, ob man zu einer Zukunftswerkstatt einlädt oder ob man an Ständen bei Kiezfesten oder beim Trödelmarkt auf dem Boddinplatz mit den Anwohnerinnen und Anwohnern ins Gespräch kommt.

Ein neues Stadtteilzentrum auf dem Kindl-Gelände

Das Gesundheitskollektiv, eine etwa 25-köpfige Gruppe aus verschiedenen medizinischen und sozialen Berufen, soll zwei Etagen in dem Neubau „Alltag“ auf dem Kindl- Gelände beziehen. Mit dem Rohbau wurde kürzlich begonnen. Zugrunde gelegt wird ein sehr umfassender Begriff von Gesundheit – auch Arbeitslosigkeit oder Armut machen krank. Daher soll es nicht nur ein medizinisches Versorgungszentrum geben, sondern auch Selbsthilfegruppen, Sozialberatung und ähnliches. Das QM Flughafenstraße unterstützt das Projekt mit Mitteln aus dem Programm Soziale Stadt.