Im Rize sind die Türen für alle offen

Seit 18 Jahren ist das Rize in der Boddinstraße 63 Treffpunkt, Bildungsort und Beratungsstelle in einem. Nun wird der Gründer Mehmet Eksi für sein ehrenamtliches Engagement geehrt.

Mehmet Eksi hat eine nicht untypische Einwandererbiografie. Während seine Eltern im fernen Deutschland arbeiteten, wuchs er bei der Großmutter in der Türkei auf, genauer gesagt in der Provinz Rize am Schwarzen Meer. Erst mit 15 Jahren, nach dem Tod der Oma, holten ihn seine Eltern nach Berlin, wo er eine Ausbildung als Elektrotechniker machte, ein Beruf, in dem er heute noch arbeitet. Doch nach der Arbeit fährt er fast jeden Tag ins Rize.  

Von den Frauen kamen die besten Ideen

Es war Ende der 1990er Jahre, als Mehmet Eksi mit Kolleg*innen und Bekannten überlegte: Was können wir für unsere Community tun? Bildung und Integration waren damals wie heute die großen Themen. Und weil ein Verein ohne Räume nicht vernünftig arbeiten kann, wurde im Jahre 2000, kurz nach der Gründung des Kultur- und Solidaritätsvereins Rize e.V., der Laden in der Boddinstraße 63 angemietet. „Es ging uns zunächst darum, die Jugendlichen zu erreichen“, erzählt der heute 52-Jährige. Doch schon bald zeigte sich, dass man an diese nur über die Frauen beziehungsweise Mütter herankommen kann. Und so wurde das Rize zum Treffpunkt einer Gruppe von rund 30 Frauen. Bald wurde ein Kochtag eingerichtet und ein Back-Kurs angeboten. ‘Wir möchten Deutsch lernen‘ meinten die Frauen eines Tages und weil ein normaler Deutschkurs zu langweilig wäre, organisierte Eksi in Zusammenarbeit mit dem Quartiersmanagement Flughafenstraße Kurse wie „Nähen und Deutsch lernen“ oder „Theater spielen und Deutsch lernen“. „Das war sehr erfolgreich“, sagt Eksi. Bei der Einbindung der Jugendlichen habe man dagegen weniger Erfolg gehabt: „Die kommen zu den Workshops und am nächsten Tag bleiben sie wieder weg, weil es ihnen zu langweilig ist.“ Es sei eben schwierig die Kids vom Daddeln auf dem Smartphone wegzulocken.

Geschlechtertrennung und Rauchen nicht erwünscht

Wichtig ist dem Verein auch die Pflege kultureller Traditionen. So gab es schon Kurse in Ebru, einer türkischen Maltechnik und Unterricht zum Erlernen von Saz oder anderen türkischen Musikinstrumenten.

In der Anfangszeit stammten viele Besucher*innen aus der Region Rize. Mittlerweile kommt eine Mitarbeiterin aus der Ukraine und in die Rechts- und Sozialberatung sowie zur Hausaufgabenhilfe kommen auch Menschen aus den Balkonstaaten oder sind arabischer Herkunft. Wenn Zuckerfest oder Opferfest gefeiert wird, sind sowieso alle Nachbarn eingeladen. „Unsere Türen stehen für alle weit offen, ganz gleich welcher Religion oder Herkunft “, betont Mehmet Eksi. Von Anfang an waren ihm bestimmte Grundsätze wichtig, etwa die Gleichberechtigung. „Dass Männer in einer Ecke essen und Frauen in der anderen, so etwas gibt es bei uns nicht.“ Entsprechende Nutzerwünsche von bestimmten Gruppen hat er stets abgelehnt – auch wenn ihn einige deswegen als „Kommunisten“ beschimpften. Das Rauchen ist sogar qua Satzung verboten und Kartenspielen ist ebenfalls nicht erwünscht.

Das Rize finanziert sich  - abgesehen von projektbezogener Förderung - ausschließlich über die Beiträge seiner rund 300 Mitglieder sowie Sponsoren. Mehmet Eksi ist außerdem einer der dienstältesten Mitglieder des Quartiersrats Flughafenstraße. Seit 2006 ist er ohne Unterbrechung dabei. Für sein ehrenamtliches Engagement wurde er am 7.11. vom Bezirk Neukölln ausgezeichnet.

 

Kultur- und Solidaritätsverein Rize e.V.
Boddinstraße 63