Vorzeigeprojekt Stadtteilmütter dauerhaft gesichert

Gute Nachrichten für die Stadtteilmütter: der Senat hat beschlossen, das Neuköllner Erfolgsmodell dauerhaft zu finanzieren und auf ganz Berlin auszuweiten.

Quelle: Birgit Leiß

Quelle: Estefania Landesmann

Quelle: Birgit Leiß

Seit 2005 gibt es in Neukölln Stadtteilmütter. Die speziell geschulten Frauen - viele von ihnen arabisch- oder türkischstämmig - besuchen Familien aus ihrer Community zu Hause und sprechen mit ihnen in ihrer Muttersprache über Themen wie Spracherziehung, Gesunde Ernährung, den Umgang mit Medien, Suchtvorbeugung  oder den Kindergartenbesuch – und zwar nicht von oben herab, sondern eher wie eine erfahrenere Freundin. So lassen sich auch Familien erreichen, die für Angebote des Jugendamtes nicht zugänglich sind.

Ansprechpartner für Eltern und Lehrkräfte

Neben diesen Hausbesuchen und der Begleitung zu Behörden sind sie auch in Schulen im Einsatz. Etwa in der Hermann-Boddin-Grundschule, wo jeden Mittwoch von 9 bis 11 Uhr drei Stadtteilmütter für Eltern und Schulpersonal ansprechbar sind. Bei Bedarf machen sie Kultur- und Sprachmittlung in Türkisch, Arabisch und Kurdisch. In den Willkommensklassen des Albert-Schweitzer-Gymnasiums sind sie ebenfalls wichtige Ansprechpartner für Lehrkräfte und Eltern. Eine große Rolle spielt auch die Helene-Nathan-Bibliothek, erklärt Leyla Çelik vom Diakoniewerk Simeon gGmbH, dem Träger des Projekts: „Viele wissen gar nicht, dass man dort nicht nur kostenlos Bücher ausleihen kann, sondern dass es dort auch Computerkurse. Lesungen und vieles mehr gibt“. Schon während der Schulung wird eng mit der Helene-Nathan-Bibliothek zusammengearbeitet. Später besuchen die Stadtteilmütter zusammen mit den Familien die Bibliothek und erklären ihnen alles. Außerdem bereiten die Stadtteilmütter gemeinsam mit Anwohnerinnen und Anwohner das allmonatliche Frauenfrühstück im Flughafenkiez vor, sie präsentieren sich bei Straßenfesten wie dem Herdelezi und sie gehen mit den Müttern zum Winterspielplatz in die Hermann-Boddin-Schule.

Unterwegs mit dem roten Schal

Der Erfolg des einstigen Pilotprojekts ist messbar. Vor allem daran, dass inzwischen viel mehr Kinder aus Migrantenfamilien die Kita besuchen. „Oft leben die Mütter recht isoliert und kommen kaum raus, wir wollen sie auch ermutigen, sich mehr zu beteiligen“, erklärt Leyla Çelik.  Aber auch die Stadtteilmütter selber profitieren enorm. „Einige holen ihren Schulabschluss nach, sie  trauen sich plötzlich zu Elternabenden oder engagieren sich im Quartiersrat.“ Sie gewinnen an Selbstbewusstsein und sind hochmotiviert. „Viele nutzen das als Sprungbrett, einige sind Erzieherinnen geworden oder haben Stellen in Schulen oder Elternzentren gefunden“, berichtet Leyla Çelik, die als Koordinatorin für mehrere Neuköllner Quartiersmanagement-Gebiete zuständig ist.  500 Frauen wurden in den letzten 15 Jahren qualifiziert und erhielten ein Zertifikat. Ihr Markenzeichen ist der rote Schal.

Endlich feste Stellen

Umso erfreulicher, dass im Juni diesen Jahres beschlossen wurde, die Stadtteilmütter über die Senatsverwaltung für Bildung regelzufinanzieren. Bisher gab es zeitlich befristete Stellen über das Jobcenter. „Jetzt gibt es endlich feste Stellen, dafür haben wir seit Jahren gekämpft“, freut sich  Maria Macher, Projektleiterin beim Diakoniewerk Simeon. Zudem soll die Zahl der Stadtteilmütter berlinweit bis 2025 auf 300 verdoppelt werden. Geändert hat sich auch die Aufteilung der Gebiete, die nun nicht mehr an die Quartiersmanagement-Gebiete gekoppelt ist. Einige neue Regionen in Neukölln sind dazugekommen, etwa Buckow oder die östliche Sonnenallee.