Aufgeben ist keine Option

Viele Gewerbetreibende kämpfen derzeit um ihre Existenz. In Nord-Neukölln erhalten sie dabei professionelle Unterstützung

 

Quelle: mpr Boris Bocheinski

Quelle: mpr Boris Bocheinski

Schon vor der Pandemie waren Ina Rathfelder und Rafat Abusalem im Kiez unterwegs, um kostenlos Kleinunternehmen zu beraten. Doch derzeit ist ihr Projekt „Unternehmen Neukölln“ im Rahmen des Programms Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier (BIWAQ) wichtiger denn je. Es gibt eine große Unsicherheit, haben die beiden festgestellt: „Viele wissen nicht, was sie beachten müssen.“ Die Corona-Regeln ändern sich ständig, es gibt keine Infos oder Vorlagen „von oben“. Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, sich selber über die geltenden Vorschriften zu informieren. Vor ein paar Wochen hat das Ordnungsamt beispielsweise in etlichen Geschäften kontrolliert, ob ein Hygienekonzept vorliegt. Zu all diesen Fragen beraten Ina Rathfelder und Rafat Abusalem telefonisch, per Mail beziehungsweise WhatsApp und vor Ort im persönlichen Gespräch. Wer seine Kontaktdaten hinterlassen hat, wird regelmäßig mit aktuellen Infos versorgt. Außerdem haben die beiden ein Plakat mit den wichtigsten Hygienemaßnahmen zusammengestellt, das die Geschäftsleute aufhängen können.

Online-Präsenz als Chance

Die Gewerbetreibenden in Sachen Digitalisierung zu coachen, ist ein Schwerpunkt des Projekts – und in Zeiten von Corona wichtiger denn je. Wir raten den Gewerbetreibenden immer, den Kontakt zu halten zur Kundschaft, auch wenn sie zu haben“, erklärt Ina Rathfelder. Dazu gehört die Sichtbarkeit. Das heißt: wie kann ich mein Geschäft beziehungsweise meine Waren auf Instagram präsentieren? Wie mache ich gute Bilder fürs Internet? Wie erstelle ich einen Google-My-Business-Eintrag? Um diese Dinge zu vermitteln haben sich die beiden ein besonders niedrigschwelliges Format ausgedacht: ein wöchentlicher YouTube-Livestream, bei dem andere Gewerbetreibende von ihren Erfahrungen Praxis berichten. Etwa eine Frisörin aus der Sonnenallee, die schildert, welche Vorteile ihr die Umstellung auf Online-Terminvergabe gebracht hat (kein voller Wartebereich, keine störenden Anrufe, keine Kontaktlisten). Solche Tipps aus der Praxis bringen viel mehr als Expertenseminare in einer abgehobenen Fachsprache.  

Der Frust ist groß

Der neuerliche Shutdown trifft vor allem die Gastronomie hart. Aber auch Tattoostudios, Kosmetiksalons und ähnliche Läden müssen bis Ende November schließen. Keiner weiß, ob und wie es danach weitergeht. „In der Gastronomie ist mittlerweile eine totale Ermattung zu beobachten“, so Ina Rathfelder. Die meisten sagen, dass sie nicht mehr lange durchhalten. Noch sind kaum Geschäftsaufgaben im Kiez festzustellen. „Die meisten kämpfen noch, sie haben einfach keine Alternative“, weiß Rathfelder: „Notfalls leiht man sich etwas von Verwandten.“ Dass es diesmal keine pauschalen Geldsummen gibt, sondern 75 Prozent des  - nachzuweisenden - Umsatzes als staatliche Unterstützung, findet sie gut. „Das kommt denen zugute, die ehrlich wirtschaften“ Rathfelders Prognose: kiezverbundene Läden, die sich eine Stammkundschaft aufgebaut haben, werden eher überleben als diejenigen, die sich in erster Linie an ein touristisches Publikum wenden.  

www.unternehmen-neukoelln.net

mpr@unternehmen-neukoelln.net

Telefon (030) 2060 73913

Jeden Freitag von 9 bis 11 Uhr findet im Quartiersbüro, Donaustraße 7, eine offene Sprechstunde für Arbeitssuchende und Gewerbetreibende aus Nord-Neukölln statt