Gesundheit neu gedacht
Die ersten Projekte sind zwar bereits Ende 2021 in den Neubau eingezogen, doch hier und da waren noch die letzten Feinarbeiten zu erledigen, so dass die offizielle Einweihung erst jetzt erfolgte. „Das ist kein gewerbliches Bürohaus“, betonte Irina Stolz vom Vorstand der Genossenschaft Alltag e.G., die Generalmieterin des Gebäudes. Die unterschiedlichen Nutzergruppen tauschen sich aus, vernetzen sich und bilden eine Gemeinschaft, erklärte Irina Stolz, die auch Geschäftsführerin von Wildwasser e.V. ist. Der Verein engagiert sich gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und betreibt im Haus eine Wohngruppe. Wie weitere Mieterschaft ist Wildwasser heilfroh, hier langfristig bezahlbare Räumlichkeiten zu haben.
Den Alltag üben, Krisen bewältigen
An diesem Vormittag konnte der kleine Besuchertrupp auch die Räume besichtigen, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind, etwa die therapeutische WG der Schwulenberatung Berlin. 11 Plätze für quere Menschen mit Suchterkrankungen gibt es hier. Nach der Entwöhnung können sie hier für 1 bis 3 Jahre wohnen und „den Alltag üben“, wie einer der Psychologen erklärt. Auch direkt gegenüber, beim Familienprojekt Triangel, waren die Türen an diesem Vormittag offen. Hier geht es darum, schwierige Familiensituationen zu ändern. 4 bis 5 Familien wohnen hier für mehrere Monate und lernen, auch im Austausch mit anderen Familien, Krisen selbst zu bewältigen. Außerdem gibt eine ambulante Unterstützung, wo die Eltern und ihre Kinder nur tagsüber kommen. Die Triangel ist ein Projekt von Jakus – Perspektiven für junge Menschen. Eltern-Kind-Wohngruppen gibt es auch bei Jugendwohnen im Kiez e.V. im 4. Stock. Hier wohnen Mütter mit geistigen Beeinträchtigungen zusammen mit ihren Kindern in kleinen Zweizimmer-Apartments. Nach dem Ansatz der „Begleiteten Elternschaft“ werden sie längerfristig dabei unterstützt, ihr Leben selbstbestimmt zu meistern.
Kuchen und Infos im Café Praxis
Jederzeit für Publikum zugänglich ist neben einer Ergotherapiepraxis und dem kleinen Hotel Karibuni der Pflegestützpunkt im Erdgeschoss. Hier wird im Auftrag des Bezirksamtes rund um das Thema Pflege beraten. Außerdem gibt es eine Sozialberatung speziell für ältere Menschen. Angegliedert ist außerdem die „Drehscheibe Alter“. Das Team unterstützt ältere Menschen im Justizvollzug.
Wichtige Anlaufstelle für alle mit Appetit auf Kaffee, Kuchen und Quiche: das Café Praxis. Es gehört zum Stadtteil-Gesundheitszentrum-Neukölln des Gesundheitskollektivs Berlin e.V. (kurz Geko). Hier finden auchregelmäßig Veranstaltungen statt und es treffen sich verschiedene Gruppen. Das Stadtteilcafé wird vom Quartiersmanagement Flughafenstraße finanziell unterstützt. Im ersten Stock befindet sich außerdem eine Arztpraxis, die ebenfalls zum Geko gehört.
Bundesweit einmalig
Die Initiative zum „Haus Alltag - Haus der Parität“, wie es vollständig heißt, ging maßgeblich vom Geko aus, einem Zusammenschluss von Menschen in verschiedenen Gesundheitsberufen. Ihre Vision: Gesundheit neu denken. Das Haus sei sei bundesweit einmalig und ein schönes Beispiel dafür, was Zivilgesellschaft leisten kann, sagte Prof. Dr. Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin des Landesverbandes Berlin vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband: „Sie leisten Pionierarbeit!“
Haus Alltag - Haus der Parität
Rollbergstraße 30 (auf dem ehemaligen Kindl-Gelände)